Eine Sonderausstellung der Antikensammlung – Staatliche Museen zu Berlin in Zusammenarbeit mit den Staatlichen Antikensammlungen und Glyptothek München und dem Liebieghaus Frankfurt am Main.
Zum ersten Mal sind griechische Porträts Gegenstand einer systematischen archäologischen Ausstellung. Über die römische Kaiserzeit und die Renaissance wirkt diese Errungenschaft der griechischen Kunst bis ins Selfie-Zeitalter fort. Mit hochkarätigen Leihgaben der Staatlichen Antikensammlungen und Glyptothek München, des Liebieghauses Frankfurt am Main sowie ausgewählten Werken aus den Beständen der Antikensammlung thematisiert die Ausstellung die Entwicklung des griechischen Porträts im Spannungsfeld von Ideal und Individualisierung, Identität und Inszenierung.
Im antiken Griechenland galt es vor allen Dingen, die Erinnerung an die Dargestellten dauerhaft zu bewahren. Anders als heute waren Porträts für die Griechen keine fotoähnlichen Abbilder der Person. Vielmehr lieferten sie Aussagen über Charaktereigenschaften und gesellschaftlichen Status, waren Selbststilisierung und Verkörperung allgemeiner Ideale. Griechische Porträts nutzten festgelegte, für alle Gattungen der Kunst verbindliche Figurentypen. Auf äußerliche Ähnlichkeit kam es dabei nicht an. Die Identifizierung der dargestellten Person war nur über die Inschrift möglich. Bildnisse von Menschen, die tatsächlich lebten oder gelebt hatten, gab es im antiken Griechenland vom 8. Jh. v. Chr. an. Erst ab dem 3. Jh. v. Chr. erfolgte eine Individualisierung durch realistische Züge, die jedoch nicht naturgetreu sein mussten. Griechische Porträts gaben immer den ganzen Körper der Person wieder. Erst die Römer reduzierten die Bildnisse der berühmten Griechen dann auf ihren Kopf.
Den Kern der Schau bilden 20 Leihgaben der Staatlichen Antikensammlungen und Glyptothek München. Es handelt sich um marmorne Porträtköpfe historisch bedeutender Dichter, Strategen, Philosophen und Könige, einen histori-schen Bronzenachguss und eine attische Vase mit einer einzigartigen Darstellung der Dichterin Sappho. Hinzu kommen aus dem Liebieghaus Frankfurt rekonstruierende Nachgüsse der berühmten bronzenen Kriegerstatuen von Riace, die in der Rotunde des Alten Museums aufgestellt und in eine spannungsreiche Interaktion mit den dort befindlichen Götterstatuen treten werden. Ergänzt und erläutert werden die Leihgaben durch Skulpturen, Vasen und Kleinkunstobjekte aus den eigenen sonst magazinierten Beständen der Antikensammlung sowie Leihgaben aus dem Münzkabinett.
Zusätzlich werden ausgewählte Exponate der Dauerausstellung im Alten Museum durch besondere Kennzeichnung und einen Übersichtsflyer einbezogen, um weitere Aspekte des Themas zu veranschaulichen. Den Besucherinnen und Besuchern wird damit ein frischer Blick auf die Dauerausstellung unter neuen Gesichtspunkten geboten. „Starke Typen. Griechische Porträts der Antike“ ermöglicht eine intensive Auseinandersetzung mit Fragen nach Selbstbild, Image und Inszenierung von Identitäten, die auch heute für ein breites Publikum aktuell sind und moderne Portraitschöpfungen mitbestimmen.
Zur Ausstellung erscheint eine umfangreiche Begleitpublikation im Michael Imhof Verlag.
Typisch! Wie wird ein Portrait entworfen?
Griechische Portraits ordnen eine Person durch Alter, Frisur und Kleidung einer sozialen Grippe zu. Dazu verwenden sie festgelegte Figurentypen, die Ideale und Wertvorstellungen der jeweiligen Gruppe verkörpern. Bestimmte Gegenstände können auf Tätigkeiten und Leistungen der Person hinweisen. Auf äußerliche Ähnlichkeit kam es nicht an. Seine Identität erhielt das Bildnis erst durch eine Namensbeischrift.
So erschufen griechische Künstler auch Portraits längst verstorbener Personen, deren Aussehen bereits damals unbekannt war. Nicht Wirklichkeitstreue war entscheidend, sondern Glaubwürdigkeit. Individualisierende konnten einen allgemeingültigen Figurentypus als Portrait einer bestimmten Person unverwechselbar machen. Auch sie waren aber nur Zeichen für bestimmte Eigenschaften und mussten nicht lebensecht sein. Um außergewöhnliche Personen treffend zu charaktersieren, halfen Merkmale mythologischer Figurentypen. (Infotext)
Die Frauen und die Macht des Ideals
Portraits von Frauen waren ein wichtiger Teil der griechischen Bildnisproduktion. Sie verkörpern die traditionellen weiblichen Ideale von makelloser Schönheit und bescheidener Zurückhaltung. Ihre Gesichter zeigen keine Alterszüge und kaum individualisierende Merkmale. Dadurch wirken sie einheitlich. Gewisse Möglichkeiten der Individualisierung durch Frisur, Haltung und Kleidung bot die Wahl des Statuentypus, verstärkt durch die antike Farbigkeit. In erster Linie zeigte sich darin jedoch die soziale Stellung der Frauen als Mitglieder wohlhabender bürgerlicher Familien mit Bildung und vornehmen Manieren.
Im hellenistischen Ägypten waren die Bilder der Königinnen aus der Familie der Ptolemäer sehr wichtig für die staatliche Repräsentation. Auch sie sind stark idealisiert und vereinheitlicht. Dadurch betonen sie die Zugehörigkeit der Königinnen zur Herrscherdynastie und die Rechtmäßigkeit der Erbfolge. (Infotext)