— von Prof. Dr. Stefan Kipf

Perspektiven für die pädagogische Entwicklung der Berliner Schulen mit einem altsprachlichen Bildungsgang

1. Zielsetzung der AG

Die AG Altsprachlichkeit wurde gebildet, um erstmals ein Gesprächsforum für die Berliner Schulen zu schaffen, deren pädagogische Tätigkeit ganz oder teilweise im Rahmen des altsprachlichen Bildungsgangs erfolgt. Dabei sollte es nicht nur darum gehen, eine Bestandsaufnahme vorhandener Herausforderungen vorzunehmen, sondern in erster Linie sollten Perspektiven für die Weiterentwicklung dieses Regelangebots der Berliner Schule diskutiert werden, um seine Wirksamkeit und Attraktivität mittelund langfristig zu erhöhen. Im Ergebnis wurde erstmals gemeinsam ein didaktisches Leitbild verabschiedet, auf dessen Grundlage die beteiligten Schulen ihre Entwicklung systematisch und mit eigenen Schwerpunktsetzungen vorantreiben wollen. Schulen mit altsprachlicher Prägung sollen auf diese Weise wieder als Orte pädagogischer und didaktischer Innovation wahrgenommen werden.

Einladungen ergingen an folgende Schulen: Arndt-Gymnasium Dahlem, Barnim-Gymnasium, Canisius-Kolleg, Eckener-Gymnasium, Evangelisches Gymnasium zum Grauen Kloster, Europäisches Gymnasium Bertha-von-Suttner, Goethe-Gymnasium Wilmersdorf, Gymnasium Steglitz, Heinrich-Schliemann-Gymnasium, Heinz-BerggruenGymnasium, Kant-Gymnasium Spandau und  das Schadow-Gymnasium.

Zusätzlich nahmen die für den Lateinund Griechischunterricht zuständigen Fachaufsichten teil, darüber hinaus Vertreter der Schulaufsichten aus Neukölln und Tempelhof-Schöneberg; ferner war das Diesterweg-Gymnasium in Vorbereitung eines Schulversuchs aktiv beteiligt, in dessen Rahmen es seit dem Schuljahr 2020/21 einen altsprachlichen Bildungsgang mit erster Fremdsprache Französisch führt.

Insgesamt wurden fünf Veranstaltungen unter der gemeinsamen Leitung von Frau Dr. Eva Heesen (Sen BJF) und Prof. Dr. Stefan Kipf (HU Berlin) durchgeführt. Die Protokolle sind im Anhang aufgeführt.

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2. Status quo

2.1 Rechtliche Grundlagen

Der altsprachliche Bildungsgang gehört gemäß § 17 Absatz 3 SchulG zu den Regelangeboten der Berliner Schule und kann „mit Zustimmung der Schulaufsichtsbehörde an der Integrierten Sekundarschule und am Gymnasium ab Jahrgangsstufe 5 im Rahmen einer entsprechenden konzeptionellen Festlegung im Schulprogramm eingerichtet werden.“ (§ 12 Absatz 1 Satz 1 Sek I-VO). Der Bildungsgang wird dabei lediglich über die zu absolvierende Sprachenfolge definiert: Der Unterricht beginnt „in der zweiten Fremdsprache Latein in der Jahrgangsstufe 5; Englisch wird als erste Fremdsprache fortgesetzt. Anstelle des Wahlpflichtunterrichts (§ 11 Absatz 3) wird Altgriechisch verpflichtend als dritte Fremdsprache unterrichtet. […]“ (§ 12 Absatz 1 Satz 2 und 3 Sek I-VO).

In der Verordnung für die gymnasiale Oberstufe werden für den altsprachlichen Bildungsgang die Belegund Einbringverpflichtungen in den alten Sprachen definiert, wobei jedoch für die seit dem 1. August 2004 gültigen altsprachlichen Bildungsgänge die Möglichkeit besteht, diesen Bildungsgang auch gänzlich ohne alte Sprachen zu durchlaufen und Griechisch durch eine andere Fremdsprache zu ersetzen: „Bei der Wahl von Griechisch als Leistungskursfach entfällt die Belegverpflichtung für Latein während der Qualifikationsphase. Wird Griechisch durch eine andere dritte Fremdsprache ersetzt, so tritt diese Fremdsprache bei den Verpflichtungen gemäß Satz 1 bis 3 an die Stelle von Griechisch“ (§ 48 VO-GO) Dadurch ist es an Schulen mit mindestens zwei Bildungsgängen ermöglicht, den altsprachlichen Bildungsgang zu verlassen.

2.2 Aktuelle Herausforderungen für den altsprachlichen Bildungsgang

Das altsprachliche Gymnasium bildete seit der Humboldt‘schen Bildungsreform im frühen 19. Jh. über Jahrzehnte die Leitinstitution des gesamten höheren Schulwesens. Spätestens seit den sechziger Jahren des 20. Jahrhunderts trat jedoch eine drastische Veränderung ein, nachdem es in den fünfziger Jahren durch die allgemeine Anknüpfung an die Traditionen des deutschen Humanismus zu einem deutlichen Aufschwung des grundständigen altsprachlichen Unterrichts und der damit verbundenen Schulen gekommen war. Diese Entwicklung war jedoch nicht von Dauer: Alle wichtigen bildungspolitischen Reformen, die bis Mitte der sechziger Jahre eingeleitet worden waren, führten dazu, dass eigentliche ‚Flaggschiff‘ altsprachlicher Bildung, das humanistische Gymnasium, als Schulform allmählich in den Hintergrund gedrängt wurde. Hingegen entwickelte sich das neusprachliche Gymnasium mit Lateinunterricht (LU) als meist wahlfreier 2. oder 3. Fremdsprache ohne Griechischunterricht (GrU) zur prägenden Gymnasialform. Dies wurde durch die Bildungsreformen der siebziger Jahre noch verstärkt: Die Expansion höherer Bildung wurde zwar zu einem großen Teil durch das Gymnasium gemeistert, die altsprachliche Form spielte dabei aber keine entscheidende Rolle.

Diese Entwicklungen führten dazu, dass Schulen mit einem dezidiert altsprachlichen Profil keine bildungspolitisch oder pädagogisch herausgehobene Stellung mehr innehaben. Die Geschichte des höheren Schulwesens kann daher bis zum heutigen Tag als Geschichte der Emanzipation anderer Gymnasialformen vom altsprachlichen Gymnasium gelesen werden. Dementsprechend werden altsprachliche Bildungsgänge in der Regel nicht als Orte pädagogischer und gesellschaftlicher Innovation begriffen; sie haben den zweifelhaften Ruf, sozial selektiv zu sein und Bildungschancen zu mindern. 

Diese nicht unproblematische Form öffentlicher Wahrnehmung wurde durch die spezielle Berliner Situation noch befördert. Bis in die neunziger Jahre hinein verfügten die wenigen öffentlichen und privaten Gymnasien mit einem altsprachlichen Bildungsgang über das Alleinstellungsmerkmal der Grundständigkeit. Dies führte zu einer stabilen Nachfrage des Publikums, da diese Schulen (damals noch als Schulen besonderer pädagogischer Prägung) die einzige Möglichkeit boten, die sechsjährige Grundschule zu umgehen. Ohne ernsthafte Konkurrenz bestand zu wenig Veranlassung, regelmäßig über die Weiterentwicklung des eigenen Profils ernsthaft nachzudenken.

Mittlerweile hat sich die Situation jedoch deutlich gewandelt: Zwar erfolgte in den neunziger Jahren eine punktuelle Ausweitung von Angeboten im Rahmen des altsprachlichen Bildungsgangs. Dadurch entstand jedoch ein heterogenes Gesamtbild aus Schulen mit einem ausschließlich altsprachlichem Bildungsgang (Evangelisches Gymnasium zum Grauen Kloster, Goethe-Gymnasium Wilmersdorf, Gymnasium Steglitz), aus Schulen mit mehreren Bildungsgängen mit LU und GrU (Arndt-Gymnasium, Canisius-Kolleg, Europäisches Gymnasium Bertha-von-Suttner, Französisches Gymnasium, Heinrich-Schliemann-Gymnasium, Heinz-Berggruen-Gymnasium, Schadow-Gymnasium) und aus Schulen mit mehreren Bildungsgängen mit LU, aber ohne GrU (Barnim-Gymnasium, Eckener-Gymnasium, Kant-Gymnasium Spandau). Insbesondere im Bereich des GrU entwickelten sich dabei deutliche Unterschiede sowohl hinsichtlich des Stundenumfangs als auch einer verpflichtenden oder wahlfreien Teilnahme (vgl. Kap. 3.4). Zudem handelt es sich bei diesen Angeboten nicht mehr um Unterricht besonderer pädagogischer Prägung, sondern um ein Regelangebot der Berliner Schule, was jedoch an den ehemals so apostrophierten Schulen als Bedeutungsverlust des altsprachlichen Schwerpunkts empfunden wurde. Trotz des Status als Regelangebot sind von den Schülerinnen und Schülern besondere Verpflichtungen zu erbringen, etwa durch Griechisch als fünftes Kernfach. Darüber hinaus existiert eine Vielzahl anderer, jedoch nicht altsprachlicher grundständiger Angebote. Dieser verstärkte Konkurrenzdruck führte z.T. zu spürbaren Rückgängen bei den Anmeldezahlen sowie teilweise zur Herausbildung einer ungewohnt kulturell und sprachlich heterogenen Schülerschaft.

Angesichts eines erhöhten Konkurrenzdrucks, einer zumeist kritischen Wahrnehmung in der Öffentlichkeit und einer deutlich heterogeneren Schülerschaft besteht die bisher ungelöste Herausforderung darin, die pädagogische Programmatik des altsprachlichen Bildungsgangs so zu reformieren, dass seine Wirksamkeit und Attraktivität nachhaltig erhöht wird.

2.3 Bisherige Schwerpunkte der Schulentwicklung 

Im Rahmen der AG wurden die bisherigen Schwerpunkte schulischer Entwicklungsarbeit der beteiligten Schulen identifiziert, die erstmal einen instruktiven Überblick dieses Teils der Berliner Schullandschaft bieten. Es ist dabei zu berücksichtigen, dass momentan an einigen Schulen die Schulprogramme überarbeitet werden und einige Angaben daher nur vorläufigen Charakter haben. Grundlage der erhobenen Daten bildeten drei Fragen:

  • Welche inhaltlichen Schwerpunkte setzen Sie in Ihrem Schulprogramm?
  • Welchen spezifischen Beitrag leistet hierzu der altsprachliche Bildungsgang?
  • In welcher Weise und mit welchen Schwerpunkten existieren Verknüpfungen des altsprachlichen Bildungsgangs zu anderen Schulfächern? 

Insgesamt ergibt die Analyse der eingegangenen Informationen ein Bild überaus vielfältiger Aktivitäten, und zwar in fünf Bereichen:

  • Im Rahmen der Begabtenförderung existieren Enrichment-Angebote sowie fachbezogene Fördermaßnahmen, etwa im Bereich künstlerischer Bildung (Arndt-Gymnasium, Gymnasium Steglitz) oder der MINT-Fächer (EckenerGymnasium). Auch Wettbewerbe werden als probates Mittel betrachtet, um besonders begabte oder interessierte Schülerinnen und Schüler zu fördern. Bezüge zu den alten Sprachen werden an relativ wenigen Schulen vor allem durch die Teilnahme am Landeswettbewerb Lebendige Antike oder bei der Humboldt-Schülergesellschaft für Altertumswissenschaft hergestellt. Vereinzelt existieren spezielle Zusatzangebote zum LU (Latinissimo am Gymnasium Steglitz); an mehreren Schulen (z.B. Goethe-Gymnasium, Graues Kloster, Gymnasium Steglitz) wird der Französischunterricht bewusst in Anknüpfung an den altsprachlichen Unterricht als spät beginnende Fremdsprache für sprachbegabte Schülerinnen und Schüler angeboten. Sprachlich besonders interessierte Schülerinnen und Schüler erhalten somit die Möglichkeit, zusätzlich zu den beiden alten zwei moderne Fremdsprachen zu erlernen.
  • Deutlich entwickelter sind Schwerpunkte im Bereich kultureller Bildung. Hierbei spielt die Europabildung eine wichtige Rolle, besonders konsequent umgesetzt am Bertha-vonSuttner-Gymnasium, daneben wird auf die Entwicklung interkultureller Bildung Wert gelegt (Bertha-von-Suttner-Gymnasium, Diesterweg-Gymnasium, Goethe-Gymnasium, Gymnasium Steglitz), ferner spielen Kursfahrten eine wichtige Rolle. An zwei Schulen wird in diesem Zusammenhang dem musischkünstlerischen Profil eine profilprägende Aufgabe (Arndt-Gymnasium, Berggruen-Gymnasium, Goethe-Gymnasium) zugewiesen. In diesem Bereich existieren umfangreiche Anknüpfungen zu den alten Sprachen, etwa im Bereich der Italienund Griechenlandfahrten, einer Reihe zum Weltkulturerbe (Graues Kloster) oder einem besonderen Schwerpunkt bei Theateraufführungen (Arndt-Gymnasium).
  • Im Bereich der Persönlichkeitsentwicklung verfolgen die Schulen bekannte Zielsetzungen wie Demokratieerziehung (Bertha-von-SuttnerGymnasium, Goethe-Gymnasium, Gymnasium Steglitz), eigenverantwortliches Lernen (Gymnasium Steglitz) oder soziales Lernen (ArndtGymnasium). Bezüge zu einer dezidiert „humanistischen Bildung“ werden jedoch nur selten explizit vorgenommen (Goethe-Gymnasium). An den beiden konfessionellen Schulen wird die persönlichkeitsbildende Wirkung re ligiöser Bildung hervorgehoben. Die Bezüge zu den alten Sprachen sind hier nur wenig aus geprägt, wenn man von der Bibellektüre (Grau es Kloster) oder spezifischen Europainhalten (Bertha-von-Suttner) einmal absieht.
  • Obwohl das sprachliche Profil für die beteiligten Schulen stilprägend ist, spielte die Entwicklung eines Sprachbildungskonzepts (im Sinne des Basiscurriculums Sprachbildung) an den allermeisten Schulen bisher nur eine unter geordnete Rolle und ist zum Teil aktueller Gegenstand der Schulprogrammarbeit (z. B. Goethe-Gymnasium, Heinrich-SchliemannGymnasium). Es existieren vereinzelte sprachenübergreifende Projekte in Verbindung mit den alten Sprachen, etwa zur Verknüpfung von Latein und Englisch (Arndt-Gymnasium, Goethe-Gymnasium, Heinrich-Schliemann-Gymnasium) oder zu den europäischen Mutterbzw. Erstsprachen (Bertha-von-Suttner-Gymnasium). Insgesamt wird die Verbindung zum Deutschunterricht als besonders wichtig eingestuft, was sich zum Teil in konkreten Absprachen etwa zur grammatischen Fachterminologie niederschlägt (Goethe-Gymnasium).
  • Der Gestaltung von Übergängen zwischen Schulfächern und außerschulischen Institutionen wird zum Teil intensive Aufmerksamkeit geschenkt. Neben Initiativen zur Förderung fächerübergreifenden Lernens werden zunehmend Kontakte zu außerschulischen Partnern (z. B. Universitäten, Schulen, Museen) aufgebaut, Angebote zur Berufsund Studienorientierung sowie zur Wissenschaftspropädeutik entwickelt, in denen zum Teil die alten Sprachen präsent sind (z. B. Ovid-Projekt am Goethe-Gymnasium, Forschertage am Gymnasium Steglitz).

Die vorhandene Vielfalt der inhaltlichen Schwerpunkte ist nach übereinstimmender Einschätzung der Schulen nicht als Additum zum bestehenden altsprachlichen Profil zu verstehen, sondern als Ausdruck des allgemeinbildenden Anspruchs der Schulen. Zugleich ist deutlich, dass die Bedeutung der alten Sprachen für die jeweiligen Schulprogramme einer Ausschärfung bedarf, z. B. in den Bereichen Sprachbildung, Interkulturalität oder der Rolle des Griechischen, die dann auch der Öffentlichkeit gegenüber mit Nachdruck vertreten wer den kann. Insgesamt bedarf die Schulprogrammarbeit einer stärkeren Konzentration auf prägende und klar erkennbare Leitideen sowie auf eine stringente inhaltliche Verbindung zum altsprachlichen Bildungsgang. Schulentwicklung sollte auch immer vom spezifisch altsprachlichen Profil her gedacht werden. Beson ders anregend dürfte in diesem Zusammenhang das Europa-Konzept des Bertha-vonSuttner-Gymnasiums sein, das konsequent in alle Bereiche des Schulprofils und des Unterrichts ausstrahlt.

3. Didaktisches Leitbild – Perspektiven für die Schulentwicklung 

3.1 Sprachbildung 

Aus den Gesprächen in der AG wurde deutlich, dass die Schulen insbesondere im Bereich sprachlicher Bildung ein notwendiges Entwicklungsgebiet sehen, da bei den Schülerinnen und Schülern unabhängig von ihrer Herkunftssprache zunehmende Defizite im Deutschen festzustellen seien. In dem Maße, wie sich die Schülerinnen und Schüler auch an den betroffenen Schulen in Richtung einer kulturell sowie sprachlich vielfältig zusammengesetzten Klientel verändern, wird es daher nötig sein, die Schulprofile entsprechend weiterzuentwickeln. Die Schulen stehen daher vor der Herausforderung, ihren Schülerinnen und Schülern unabhängig von ihrer Mutterbzw. Erstsprache und Herkunft ein möglichst passgenaues und perspektivreiches Bildungsangebot zu machen. Sprachbildung, also die systematische Förderung von Sprachentwicklungsprozessen aller Schülerinnen und Schüler in allen Fächern, eröffnet den Schulen die Chance, nachprüfbar einen spezifischen, gesellschaftlich bedeutsamen Bildungsbeitrag zu leisten und auf diese Weise für ihre Schülerinnen und Schüler die Chancen auf beruflichen Erfolg und gesellschaftliche Teilhabe zu verbessern – ein ungemein wichtiger Aspekt, wenn man an die bestehenden Vorbehalte gegenüber Schulen mit einem altsprachlichen Bildungsgang denkt. Auf der Basis eines weit verstandenen Inklusionsbegriffes, der nicht ausschließlich sonderpädagogische Förderbedarfe, sondern vor allem weiter gefasste Heterogenitätsdimensionen wie z.B. das Geschlecht oder den sozio-kulturellen Hintergrund berücksichtigt, darf die Aufmerksamkeit für Sprachbildung auch als wichtiger Beitrag zu inklusivem Unterricht verstanden werden. Die fächerübergreifende sprachliche Bildung muss daher auch an den Schulen des altsprachlichen Bildungsgangs besondere Bedeutung erhalten und dabei deutlich über die zumeist fragmentierten Leistungen der Einzelfächer hinausgehen. 

Die Orientierung am Basiscurriculum Sprachbildung ist hierfür unerlässlich und kann eine strukturierte Schulentwicklung sinnvoll unterstützen. Gerade in diesem Bereich können die beteiligten Schulen überzeugende Schwerpunkte setzen: So kann der überall vorhandene grundständige LU als reflexionsorientierte Brückensprache eine fundamentale Bedeutung für ein fachübergreifendes Sprachbildungskonzept erhalten. Auch der GrU sollte hier eine prominente Rolle spielen, wenngleich hierzu noch kein didaktisches Modell existiert (vgl. Kap. 3.4) Grundsätzlich ist es nämlich möglich, beide alten Sprachen konsequent in das Basiscurriculum Sprachbildung zu integrieren und auf diese Weise die grundlegenden Potenziale beider Fächer zur systematischen Förderung von Sprachentwicklungsprozessen transparent zu machen. So ließe sich auch eine programmatische Lücke in Bezug auf Schülerinnen und Schüler schließen, deren Muttersprache nicht Deutsch ist – ihnen kann man dann ein explizites Angebot machen.

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Am Beispiel des LU soll dies kurz erläutert werden: Im Bereich Interaktion liefert der LU wenige spezifische Beiträge, wenn sich bildungssprachliche Handlungskompetenz „durch aktive Teilnahme an Diskussionen“ (SenBJW 2015, 5) ausbilden soll. Aber schon im Bereich der Rezeption kann der LU aufgrund seiner didaktischen und methodischen Charakteristika einen wichtigen Beitrag zur Sprachbildung leisten, und zwar insbesondere beim Leseverstehen. Hierbei handelt es sich überwiegend um Informationsentnahme und –nutzung sowie um damit verbundene Lesetechniken und –strategien. Diese Form der Rezeption ist auch für den LU prägend. So kommt der Erschließung lateinischer Texte im LU eine zentrale Bedeutung zu, und zwar auf methodisch abgesicherter Grundlage (etwa durch den Einsatz transphrastischer Verfahren). Es ist davon auszugehen, dass ein entsprechend ausgerichteter LU, in dem Texterschließung explizit zum Unterrichtsthema wird, sprachbildende Potenziale entfalten kann. Auch im Bereich Produktion kann der LU einen spezifischen Beitrag zur Sprachbildung leisten: Hier wirkt sich die prägende Rolle der Übersetzung lateinischer Texte ins Deutsche aus, handelt es sich doch um eine Form konzeptionell schriftlich ausgerichteter Textproduktion, wenn die Schüler bei der Rekodierung geeignete Wörter und Ausdrücke suchen, kritisch prüfen, auswählen und kreativ, d.h. zielsprachenorientiert anwenden. Im Bereich Sprachbewusstheit kann der LU seine besondere Stärke als Reflexionssprache zur Anwendung bringen. Wenn „Wörter und Formulierungen der Alltags-, Bildungsund Fachsprache“ (SenBJW 2015, 10) differenziert werden sollen, kann der LU durch grammatische Metasprache und eine bildungssprachlich bestimmte Produktion deutscher Texte einen wichtigen Beitrag leisten. Auch der Aspekt „Mehrsprachigkeit nutzen“ (SenBJW 2015, 10) kann im LU problemlos umgesetzt werden. So gehört beispielsweise die Erklärung von Fremdund Lehnwörtern lateinischen Ursprungs zum methodischen Grundbestand des LU.

Diese verantwortungsvolle Positionierung des LU kann jedoch nur dann wirksam werden, wenn eine institutionalisierte Vernetzung mit den anderen Schulfächern, insbesondere den Sprachen gelingt. Unter Wahrung der Individualität jeder Sprache kommt es darauf an, die zwischen den beteiligten Sprachen vorhandene sprachliche Nähe und Alterität so zu nutzen, dass Sprachbildung und Mehrsprachigkeit mit Latein als neutralem tertium comparationis gefördert werden. Es erscheint daher sinnvoll, den Sprachunterricht als ein Netz zu organisieren, an dem alle Sprachen gleichermaßen mitwirken. Zusätzliche Aufmerksamkeit muss dabei der Rolle des GrU gewidmet werden (vgl. Kap. 3.4). 

Wie dies erfolgreich funktionieren kann, demonstriert das altsprachliche Gymnasium am Kaiserdom in Speyer, dessen Sprachunterricht als ein Netz organisiert ist, an dem alle Sprachen gleichermaßen mitwirken und in dem die Fächer Latein und auch Griechisch als neutrale Vergleichsbasis fungieren. Mit dieser Vernetzung soll dann z.B. die für Europa so wichtige rezeptive Mehrsprachigkeit gefördert werden. „Wissen über Sprachen“ wird so zu „Wissen über Sprache“, um u.a. autonomes Lernen zu ermöglichen. Auf der Sitzung am 14.03.2019 wurde dieses Konzept vom Schulleiter Hartmut Loos vorgestellt. Es besteht der Wunsch der beteiligten Schulen, mit dem Gymnasium am Kaiserdom zusammenzuarbeiten, um die eigene Schulentwicklung in diesem Bereich energisch voranzutreiben.

3.2 (Inter-)Kulturelles Lernen 

Gerade an Schulen mit einem altsprachlichen Bildungsgang bietet sich auf der Grundlage des altsprachlichen Unterrichts eine gezielte Weiterentwicklung schon bestehender Aktivitäten im Bereich kultureller Bildung an, wobei die Fundierungsfunktion des GrU und des LU von besonderer Bedeutung sind: So steht im GrU die Vermittlung von z. T. unhintergehbaren Ursprungsprozessen (z. B. die Entstehung von Literatur, Wissenschaft und Philosophie) im Mittelpunkt, die die europäische Kultur bis heute nachhaltig prägen (vgl. Kap. 3.4). Der LU versteht sich als „Schlüsselfach der europäischen Tradition“, um den Lernenden einen fundierten Zugang zur europäischen Kulturtradition zu erschließen, historisches Bewusstsein zu stärken und einen wichtigen Beitrag zur Förderung einer gemeinsamen europäischen Identität zu leisten.

Auf dieser Basis bieten sich vielfältige Anknüpfungspunkte an andere Fächer an, die zu einem profilbildenden Element weiterentwickelt werden können. Wie dieser vom LU ausgehende Ansatz fächerübergreifend wirksam gemacht werden kann, macht ebenfalls das Gymnasium am Kaiserdom in Speyer mit dem seit 25 Jahren betriebenen Fach „Europäische Kulturkunde“ vor. Dieses von der Schule entwickelte Fach stellt den beeindruckenden Versuch dar, „sich den kulturellen Herausforderungen einer von Krisen und Umbrüchen geprägten Gegenwart zu stellen.“ Besonders bemerkenswert ist die pädagogische Verortung: „Die Kulturkunde steht dabei in der humanistischen Tradition unseres Gymnasiums.“ Im Dreischritt „‘Vergangenheit verstehen Gegenwart begreifen Zukunft denken‘ möchte sie die Schülerinnen und Schüler dazu ermutigen, sich an der zukünftigen Gestaltung unserer Kultur kompetent zu beteiligen.“ (Gymnasium am Kaiserdom Europäische Kulturkunde). Will man nicht gleich ein eigenes Fach entwickeln, so bieten sich hierfür projektorientierte Unterrichtsmodelle an, um gezielt Tradition und Gegenwart europäischer Kultur in den Blick zu nehmen.

Auch die Hinwendung zu einem stärker interkulturell ausgerichteten Lernen kann dabei im altsprachlichen Unterricht angebahnt und mit anderen Fächern verzahnt werden, da das Umgehen mit Fremdheit eine zentrale fachdidaktische Kategorie des altsprachlichen Unterrichts darstellt. Die Antike wird als das nächste Fremde verstanden, die einerseits grundlegende Bedeutung für die Gegenwart hat, andererseits Eigenschaften aufweist, die sie zu Recht als fremd und anders erscheinen lassen. Aus dem Anderssein und dem zeitlichen Abstand der fremden antiken Welt ergibt sich die Notwendigkeit von Empathie und Fremdverstehen. Die Fremdheit der Antike schafft eine produktive Spannung zur Gegenwart und ermöglicht den Schülerinnen und Schülern, kritischen Abstand zur eigenen Zeit einzunehmen und über diese nachzudenken. Dieser produktive und reflektierte Umgang mit dem Fremden ist daher eine entscheidende Voraussetzung zur fachgerechten Implementierung interkultureller Akzentsetzungen. Daher können auch im altsprachlichen Unterricht Themen in einem fächerübergreifenden Kontext bearbeitet werden, die im weitesten Sinne Kulturkontakte und –konflikte, vormoderne Multikulturalität, Migrationsbewegungen und den Umgang mit Minderheiten berühren. Antike Themen bieten sich besonders an, um durch ihren räumlichen und zeitlichen Abstand bei emotional besetzten Themen den Perspektivwechsel zu erleichtern und das Fremdverstehen zu fördern.

3.3 Literarisches Lernen 

Aus den Befragungen der Schulen wurde deutlich, dass die Möglichkeiten literarischen Lernens als profilbildender Maßnahme noch zu wenig ausgeschöpft sind. Sie sollten daher in der Schulprogrammarbeit eine deutlich prominentere Rolle spielen. Gerade an Schulen mit einem altsprachlichen Bildungsgang bieten sich besonders gute Möglichkeiten, die Literatursprachen Latein und Griechisch mit ihren Texten aus Antike, Mittelalter und Neuzeit in ihrer Breite nicht nur kennenzulernen, sondern auch in ihrer Anschlussfähigkeit an andere Literaturen zu erleben. Auf dieser Grundlage sollte es möglich sein, einem historisch fundierten literarischen Lernen im schulischen Leben eine besondere Bedeutung zu verleihen. Literarisches Lernen darf dabei jedoch nicht auf eine funktionale Literaturbetrachtung zur Ausbildung von Textkompetenz beschränkt bleiben, sondern muss auch das subjektive Erleben der Schülerinnen und Schüler angemessen einbeziehen. Literarische Bildung bedeutet die Fähigkeit zu einem bewussten, kreativen und freudvollen Umgang mit Literatur, bei dem Schülerinnen und Schüler als Individuen eigene ästhetische Erfahrungen machen können. Es stünde Schulen mit einem altsprachlichen Bildungsgang gut zu Gesicht, hier Impulse zu geben. Damit verbunden ist ein innovativer Literaturunterricht, der in stärkerem Maße als bisher die „Unabschließbarkeit des Sinnbildungsprozesses“ bei der Rezeption von Literatur würdigt und deutlich offenere Interpretationszugänge und -ergebnisse zum Zuge kommen lässt.

3.4 Die curriculare Rolle des Griechischunterrichts

Die Situation des GrU an den Berliner Schulen mit einem altsprachlichen Bildungsgang ist durch eine bemerkenswerte Heterogenität gekennzeichnet. Während an einigen Schulen überhaupt kein GrU angeboten wird, ergibt seine Verortung an den übrigen Schulen kein einheitliches Bild, da er sowohl als verpflichtende Dritte Fremdsprache als auch als frei wählbares Angebot im Wahlpflichtbereich existiert. Daraus resultieren zum Teil deutliche quantitative Unterschiede in der Stundentafel der Sekundarstufe I, deren Spektrum von 10 bis 14 Stunden reicht. In der Regel beginnt der GrU in der 8. Jahrgangsstufe, Ausnahmen bilden das Goethe-Gymnasium (verbindlicher Beginn in der 7. Klasse mit Wahlentscheidung für Griechisch oder Französisch am Ende des Schuljahres) und das Schadow-Gymnasium (9. Klasse). Hierzu gehören auch Unterschiede bei der Erteilung des Graecums (am Grauen Kloster bereits nach Q2) und den Belegverpflichtungen, die seitens der öffentlichen Schulen als Wettbewerbsnachteile empfunden wurden und deren Angleichung verständlicherweise angestrebt und mit der entsprechenden Änderung des § 12 Absatz 3 VO-GO zum 01.08.2022 umgesetzt wurde.

Diese erhebliche Spreizung in der Sek. I ist Ausdruck unterschiedlicher Wertigkeit des Faches innerhalb der Schulcurricula und schafft potenziell ungleiche Voraussetzungen für einen erfolgreichen Besuch etwa eines Leistungskurses in der gymnasialen Oberstufe. Es scheint somit zumindest zweifelhaft, ob die für alle verbindlichen Ziele des Rahmenlehrplans in vergleichbarer Weise erreicht werden können.

Es ist daher unerlässlich, bei der Schulentwicklung den Stellenwert des GrU für das Schulprofil genau zu definieren, um angesichts der unterschiedlichen Bedingungen einen erfolgreichen Verlauf des Unterrichts auch in der Oberstufe sicherzustellen. Hat der GrU den Charakter eines Faches, das für das Schulprofil wertvolle Ergänzungen bietet, oder stehen seine Fachleistungen im Zentrum der pädagogischen Bemühungen einer Schule? Entscheidend ist in beiden Fällen, dass der GrU nicht als Anhängsel oder Doppelung des LU begriffen wird, sondern einen eigenständigen didaktischen Ansatz verfolgt. Hierfür bieten sich folgende Aspekte an:

  1. Die sprachliche Differenziertheit des Griechischen und sein im Deutschen stark verwendeter Wortschatz (Fremdund Lehnwörter) sollten es ermöglichen, eine komplexe, über das Lateinische hinausgehende sprachbildende Wirkung entfalten. Hierzu bedarf es jedoch der Entwicklung eines Konzepts, für die noch keine fachdidaktischen Forschungen existieren. Es empfiehlt sich daher, in schulübergreifender Zusammenarbeit ein Sprachbildungskonzept für den GrU zu entwickeln.
  2. Der GrU führt in spezifischer Weise in die Hintergründe und Fundamente europäischer Kultur ein und kann damit wie der LU eine historisch fundierte europäische Identität sowie historisches Bewusstsein fördern. Das für den GrU charakteristische Konzept der unhintergehbaren Ursprungsprozesse, die die europäische Kultur nachhaltig geprägt haben, mag hierfür wertvolle Impulse liefern, und zwar mit folgenden Schwerpunkten:
  • Literarisch-mythologischer Bereich: Der GrU führt in grundlegende Formen europäischer Literatur, ihrer Motive (z. B. Epos, Tragödie, Komödie, Lyrik, Geschichtsschreibung) und in mythologische Grundmuster europäischen Denkens ein (z. B. Achillesferse, Ödipuskomplex, Trojanisches Pferd, Odyssee).
  • Politisch-gesellschaftlicher Bereich: Der GrU vermittelt einen Einblick in die historischen Grundlagen moderner politischer Syste me (z. B. Demokratie, Monarchie, Aristokratie). Er vermittelt politische Grundkompetenz, eine unerlässliche Voraussetzung für jeden Bürger eines demokratischen Staates.
  • Philosophisch-religiöser Bereich: Der GrU gibt einen systematischen Einblick in die Grundlagen abendländischer Philosophie und bietet einen Ausblick auf die Fundamente christlicher Religion.
  • Architektonisch-künstlerischer Bereich: Im GrU erfolgt eine Begegnung mit wichtigen Grundlagen der bildenden Kunst und Architektur Europas (Vasenmalerei, Relief, Marmorund Bronzeplastik, Tempel, Theater).

Um dieses Konzept umsetzen zu können, bedarf es jedoch unbedingt einer Überarbeitung und inhaltlichen Flexibilisierung der Rahmenplanvorgaben, und zwar dezidiert für den RLP der Sekundarstufe II. Dieser wird zu sehr von der Platonlektüre geprägt und bietet insgesamt einen eingeschränkten, didaktisch zu wenig ertragreichen klassizistischen Textkanon.

  1. 3. Die griechische Literatur, insbesondere ihre philosophischen Texte, bieten hervorragende Voraussetzungen, die vorhandenen vielfältigen Bezüge zur Gegenwart im Unterricht intensiv zu thematisieren, da sich die Griechen in intensiver Reflexion mit der sie umgebenden Welt auseinandersetzten: Ihre Fragen galten dem Wesen des Menschen, der Gesellschaft, der Natur und der Religion. Somit steht dem GrU ein einzigartiges Reservoir von Texten zur Verfügung, die sich – in herausragender literarischer Qualität – mit Grundproblemen und Bedingungen menschlichen Lebens beschäftigen. Die pädagogische Qualität dieser Texte besteht in ihrem ursprünglichen und fundamentalen Charakter, der über ihre historische Entstehungssituation hinausweist: Platons Frage nach der bestmöglichen Erziehung des Menschen oder dem idealen Staat konfrontiert die Schülerinnen und Schüler mit Fragestellungen, die auch für eine moderne demokratische Gesellschaft nichts an Aktualität eingebüßt haben; der Historiker Herodot erörtert die Problematik kultureller Gegensätze und demonstriert zugleich kulturelle Toleranz; die attische Tragödie setzt sich eingehend mit dem Problem menschlicher Schuld auseinander.

Die griechischen Texte haben zwar in aller Regel keinen Vorbildcharakter und bieten keine mustergültigen Handlungsanweisungen. Sie stellen aber Denkmodelle dar, die der exemplarischen Problemdarstellung und -erörterung dienen, und zwar anhand von der für den GrU typischen Kombination aus naturwissenschaftlichen, philosophischen und gesellschaftlich-politischen Denkmodellen. Daher bietet der GrU vielfältige Möglichkeiten fä-cherübergreifenden und projektorientierten Arbeitens, nämlich mit den Fächern Biologie, Chemie, Darstellendes Spiel, Deutsch, Ethik, Geschichte, Kunst, Latein, Mathematik, Musik, Philosophie, Physik und Religion. Griechisch kann dabei die Rolle eines Integrationsfachs übernehmen, das Natur-, Sozialund Geisteswissenschaften zusammenführt. Hierin könnte ein wesentlicher Aspekt der curricularen Weiterentwicklung des GrU liegen, so z.B. im Bereich der 5. PK, in deren Rahmen ein so anschlussfähiges Fach wie Griechisch eine lebendige Rolle spielen kann.

Die Entwicklung differenzierter sprachlicher Fähigkeiten zur Förderung der Sprachbildung, das immer wieder begegnende Ursprungserlebnis mit seiner europäisch ausgerichteten Tiefen-schärfe und der ausgeprägte Gegenwartsbezug in inhaltlicher Vielfalt können dabei helfen, den GrU zu einem ganzheitlichen Sprachund Kulturunterricht weiterzuentwickeln und seine curriculare Stellung nachhaltig zu profilieren.

3.5 Digitalisierung 

Die Corona-Krise hat auch die beteiligten Schulen dazu veranlasst, sich intensiv mit Fragen des digitalen Unterrichts zu beschäftigen. Dabei wurden vielfältige Aktivitäten unternommen, z.B. durch die intensive Nutzung des Lernraums Berlin und der damit verbundenen technischen Möglichkeiten, durch die Entwicklung eigener Lernplattformen und die intensive Fortbildung der Kollegien. Um die klassischen Kompetenzanforderungen digitalen Lernens (Kritisches Denken, Kreativität, Kommunikation und Kollaboration) umzusetzen, bedarf es jedoch langfristig wirksamer Konzepte, die den unterschiedlichen Entwicklungsstand der Schülerinnen und Schüler berücksichtigen, selbstreflektiertes Lernen fördern und die spezifischen Schwerpunkte der Schulen abbilden. So bietet der altsprachliche Bildungsgang vielfältige Möglichkeiten digitaler Bildung, indem z. B. bei der Erschließung, Übersetzung und Interpretation lateinischer und griechischer Texte digital gestützte kollaborative Arbeitsformen zum Einsatz kommen. In enger Zusammenarbeit der Schulen sollte z. B. die Chance genutzt werden, schulübergreifend einsetzbare digitale Tools zu entwickeln, um digitales Lernen auch im altsprachlichen Unterricht gezielt zu fördern, zumal an der Humboldt-Universität im Bereich der Didaktik der alten Sprachen in den letzten Jahren umfangreiche Expertise im Bereich digitalen Lernens aufgebaut wurde.Insbesondere das Gymnasium Steglitz hat sich hier durch seine Teilnahme am Schulversuch zum hybriden Lehren und Lernen auf den Weg gemacht.

4. Empfehlungen

  1. Die bisherige Arbeit der AG darf nicht als Abschluss, sondern als Auftakt für eine weitere Zusammenarbeit begriffen werden, um die pädagogische Weiterentwicklung des altsprachlichen Bildungsganges energisch voranzutreiben. Dabei ist zu beachten, dass das Profil der Schulen je nach schulischer Lage und Umfeld sinnvollerweise unterschiedlich profiliert werden kann. Die kollegiale und für Innovationen aufgeschlossene Zusammenarbeit der betroffenen Schulen, der zuständigen Senatsverwaltung, der Schulbzw. Fachaufsicht und der Wissenschaft sollte hierfür beste Voraussetzungen bieten. Die AG Altsprachlichkeit sollte daher von einer temporären in eine dauerhafte Einrichtung umgewandelt werden, die mindestens einmal pro Schuljahr zusammenkommt.
  2. Die angestrebte Schulentwicklung sollte sich zunächst auf folgende Bereiche konzentrieren:
  • Entwicklung eines vernetzten Sprachbildungscurriculums mit Latein als Basissprache,
  • Entwicklung eines Konzepts (inter-)kultureller und literarischer Bildung, in dem die Fächer Latein und Griechisch eine didaktisch klar definierte und wissenschaftlich begründete Fundierungsund Vernetzungsfunktion erfüllen,
  • Individuelle Ausschärfung des inhaltlichen Profils des GrU und Flexibilisierung der curricularen Rahmenbedingungen, etwa durch eine Überarbeitung der Rahmenlehrpläne für die Sek. II.
  • Förderung digitaler Bildung.